„[In der Anklageschrift] steht weder etwas von Institutionellem Rassismus, noch vom Rassismus der Täter_innen.“

Ein Interview der Forschungsgruppe Recht Raum NSU mit Rechtsanwalt und Nebenklagevertreter Sebastian Scharmer über Institutionellen Rassismus, den nachlässigen Umgang mit Zeug_innen aus der rechten Szene und die Frage, warum die Bundesanwaltschaft kein Interesse an einer umfassenden Aufklärung des NSU-Netzwerkes hat. Im NSU-Prozess vertritt er Gamze Kubaşık als Nebenklägerin, die Tochter des in Dortmund ermordeten Mehmet Kubaşık.

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Die Ermittlungsarbeit im Rahmen der NSU Morde als Form des Racial Profiling

Von Sarah Lisa Washington1

Anders als in den USA und Großbritannien wird Racial Profiling in Deutschland kaum diskutiert. Dies betrifft nicht nur den politischen Diskurs, sondern auch Diskussionen innerhalb der Rechtswissenschaften. Von der Polizei werden hierauf bezogene Vorwürfe regelmäßig abgestritten.2 Auch die Bundesregierung verneint die Existenz rassistischer Polizeikontrollen.3 Ein Grund für das abwehrende Verhalten der Verantwortlichen mag darin zu sehen sein, dass die gravierenden Auswirkungen von Racial Profiling nicht erkannt und daher vernachlässigt werden. Dieser Beitrag behandelt den Zusammenhang zwischen Racial Profiling und der Ermittlungsarbeit im Rahmen der NSU Morde. Im Zuge dessen wird insbesondere auf die Verfassungswidrigkeit verdachtsunabhängiger Eingriffsgrundlagen der Polizei einzugehen sein.

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Alle sprechen vom Trio. Wer spricht von Rassismus?

Von der Forschungsgruppe Recht Raum NSU

– Eine Analyse der ersten 139. Verhandlungstage –

Die Macht, die der Diskurs besitzt, trennt das »Sagbare« vom »Nichtsagbaren«; das bedeutet, »dass bestimmte Perspektiven auch deshalb aus dem Diskurs herausgedrängt werden, weil institutionelle Regelungen und Verfahrensweisen diese Perspektiven festlegen« (Nanna Heidenreich 2013: S. 1001)

In der Beschäftigung mit dem sogenannten NSU-Prozess fällt sofort die schiere Menge an Themen, Akten und Artikeln auf. Wer unabhängig von der politischen Stoßrichtung einiger Zeitungen erfahren möchte, was eigentlich genau während der einzelnen Verhandlungstage passiert, stößt schnell auf eine kurios anmutende Leerstelle: es gibt keine offiziellen Protokolle vom Prozess. Kontinuierlich geführte und öffentlich zugängliche Protokolle gibt es nur von der Initiative NSU-Watch sowie von einzelnen Nebenklagevertreter_innen2 3, die sich dieser äußerst wichtigen Aufgabe annehmen. Ohne die Protokolle und Berichte wäre es für Leute, die nicht jeden Verhandlungstag vor Ort sind, unmöglich, die genauen Inhalte und Äußerungen einzelner Zeug_innen sowie die allgemeine Entwicklung des Prozesses nachzuvollziehen.

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